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Übergabe Unternehmensleitung

Übergabe Unternehmensleitung

20. Februar 2015

"Wir pflegen schon immer eine offene Gesprächskultur"

Die Mannheimer Spedition Ristelhueber vollzieht derzeit einen Generationswechsel. Der bisherige Hauptgesellschafter Manfred Bartelmess (65) übergibt seine Firmenanteile Schritt für Schritt an die beiden Söhne Tobias (29) und Markus (31). Im November wurden sie offiziell zu Geschäftsführern bestellt. Was die Beweggründe dafür sind und welche Aspekte bei einer Unternehmensübertragung berücksichtigt werden müssen, darüber sprechen die drei in der DVZ.

DVZ: Herr Bartelmess, wie schwer fällt es Ihnen loszulassen?
Manfred Bartelmess: Das fällt mir überhaupt nicht schwer, denn ich hatte nie das Ziel, unser Unternehmen bis ins hohe Alter zu führen. Als ich in diesem Jahr 65 geworden bin, erschien mir das ein guter Zeitpunkt, die Verantwortung an die nächste Generation abzugeben - zumal bei mir das volle Vertrauen in die nächste Generation besteht, das Unternehmen in Kontinuität und Unternehmenspolitik weiterzuführen.

Ziehen Sie sich komplett aus dem Geschäft zurück?
Manfred Bartelmess: Nein, derzeit halte ich genau wie meine beiden Söhne und meine Frau noch 25 Prozent der Firmenanteile. Die operative Verantwortung liegt jedoch jetzt bei Tobias und Markus - ich werde noch etwa halbtags als Berater für die Firma tätig sein und mich dabei eher mit Overhead-Themen wie der Buchhaltung, den Finanzen sowie dem Controlling beschäftigen. Meine Frau Susanne kümmert sich um das Personal.

Wie sieht die konkrete Aufgaben teilung zwischen den beiden Söhnen aus?
Markus Bartelmess: Wir haben uns für eine standortbezogene Aufteilung entschieden. Mein Bruder Tobias ist für die Niederlassung in Dogern im Landkreis Waldshut verantwortlich, aus der heraus wir unser speditionelles Kerngeschäft, die Transporte in und aus der Schweiz, betreiben. Ich leite unsere Mannheimer Niederlassung, in der wir unter anderem unser bimodales Geschäft gemeinsam mit unserem Partner DB Schenker Rail künftig weiter ausbauen wollen. Über alle Fragen, die das Unternehmen und die Strategie betreffen, diskutieren wir gemeinsam und entscheiden in enger Abstimmung .

Befürchten Sie da keine Reibungspunkte?
Tobias Bartelmess: Natürlich haben wir uns die Aufteilung der Verantwortungsbereiche sehr genau im Vorfeld überlegt. Denn mein Bruder und ich haben auch privat ein ausgesprochen gutes Verhältnis zueinander - so etwas will man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Und wir sehen schon auch die Gefahr, dass Sach themen in einem Familienunternehmen leicht auf die emotionale Ebene gehoben werden. Aber wir sind überzeugt davon, dass wir auch geschäftlich gut mitei nander klarkommen werden. Außerdem hilft es, dass wir in unserer Familie schon immer eine sehr offene Gesprächs kultur gepflegt haben. Wir sehen jedenfalls deutlich mehr Chancen als Risiken.

Wie schaffen Sie es, das Private vom Beruflichen zu trennen?
Markus Bartelmess: So ein Unternehmensübergang ist auch familienintern ein sehr intensiv diskutiertes Thema, und man muss aufpassen, dass keine allzu große Vermischung von Beruflichem mit Privatem stattfindet. Denn jeder sollte auch Raum haben, sein eigenes Privat leben zu pflegen. Da helfen zum Beispiel auch kleine Maßnahmen. So haben wir früher unsere Gesellschafterversammlung immer sonntags nach dem Mittag essen gemacht. Heute haben wir das auf den Montagvormittag in der Firma verlegt.

Haben Sie bestimmte Themen im Vorfeld unterschätzt?
Manfred Bartelmess: Was die finanziellen und die rechtlichen Aspekte angeht, eher nicht. Da hatten wir eine ausgesprochen professionelle Beratung. Den Gesellschaftervertrag haben wir entsprechend ebenfalls neu aufgesetzt. Was ich allerdings in der Tat ein Stück weit unterschätzt habe, waren die konkreten Vorstellungen jedes Einzelnen und die daraus resultierenden Diskussionen. So haben wir zum Beispiel manches operative Thema aus dem Tagesgeschäft wie etwa die Ausrichtung des Vertriebs oder die Kundenwertanalyse völlig unterschiedlich bewertet - und mussten am Ende dennoch einen Konsens finden, den jeder mitgetragen hat.

Was bedeutet es für die junge Generation, Verantwortung in einem Familienunternehmen zu übernehmen?
Tobias Bartelmess: Wir haben schon sehr früh mitbekommen, dass der Anspruch an ein Familienunternehmen immer sein sollte, Werte zu erhalten und ein langfristiges Bestehen sicherzustellen. Kurzfristige Gewinnmitnahmen spielen da eine eher untergeordnete Rolle. Darüber hinaus verfügen Familienunternehmen unbestritten über Vorteile, was Themen wie kurze Entscheidungswege oder auch Markt- sowie Kundennähe betreffen. Auch bieten sie Arbeitnehmern eine gewisse Sicherheit, obwohl der Leistungsgedanke ganz klar im Fokus steht. So stellen wir derzeit beispielsweise fest, dass LKW-Fahrer ein gewisses Zugehörigkeitsgefühl sehr schätzen und deshalb offenbar gern in Familienunternehmen arbeiten wollen. Gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter sind ein wesentlicher Faktor für den weiteren Unternehmenserfolg.

Gab es einen konkreten Anlass, die Unternehmensübergabe genau jetzt zu vollziehen? Hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Vorteile einer Unternehmensübertragung bei der Erbschaftsteuer überprüfen zu lassen, einen Einfluss darauf gehabt?
Manfred Bartelmess: Bei uns ist dieser Übergang von langer Hand geplant. Ich hatte mir wie gesagt schon vor einigen Jahren fest vorgenommen, dass ich mich mit Erreichen des 65. Lebensjahres sukzessive aus der Verantwortung zurückziehen werde. Als dann meine beiden Söhne signalisiert haben, dass sie sich eine Zukunft im Unternehmen vorstellen können, sind wir ganz konkret in die Vorbereitungen eingestiegen. Die erste Schenkung von Anteilen fand bereits vor zehn Jahren statt, jetzt die zweite. Das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestätigt uns aber natürlich schon ein Stück weit in unserer Entscheidung.(ben/rok)

erschienen am 27.01.2015 ( Von Thomas Wöhrle )
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Gut vorbereitet: Ristelhueber-Chef Manfred Bartelmess (Mitte) übergibt das Geschäft an seine Söhne Tobias (links) und Markus (rechts). (Foto: Andreas Henn)
Gut vorbereitet: Ristelhueber-Chef Manfred Bartelmess (Mitte) übergibt das Geschäft an seine Söhne Tobias (links) und Markus (rechts). (Foto: Andreas Henn)

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